Sharing-Economy aus Bauernhand – und noch viel mehr

Frontansicht Maschinenring Flachgau Seekirchen

Eine innovative Idee, geboren in der ersten Mechanisierungswelle der Landwirtschaft, wurde zu einer besonderen unternehmerischen Erfolgsgeschichte: Im Juli des heurigen Jahres feierte der Maschinenring Landesverband Salzburg sein 50-jähriges Jubiläum. Geschäftsführer Martin Krispler, Mitglied des Seebrunner Kreises, erzählt, wie aus ersten Anfängen ein erfolgreiches Unternehmen mit 80 Angestellten in fünf Standorten wurde.

Martin Krispler: „Wir sind ein integraler Bestandteil der Salzburger Wirtschaft“

Die rapide Transformation der Wirtschaft in der Nachkriegszeit erfasste auch die Landwirtschaft, die mit der wachsenden Nachfrage nach Agrarprodukten an Produktivität zulegen musste – die Mechanisierung der bäuerlichen Betriebe wurde zum agrarpolitischen Gebot der Stunde. Doch der Zugang zu den neuen Technologien der damaligen Zeit war teuer. Da formulierte im benachbarten Bayern der Agrarökonom Dr. Erich Geiersberger eine bemerkenswerte Idee: Es muss sich doch nicht jeder Bauer die gleiche Maschine zulegen. Kann man die entstehenden Maschinenparks nicht gemeinschaftlich nutzen? So würden sich die Bauern gegenseitig helfen, und alle bekommen Zugang zu den neuen Geräten. Nicht zuletzt könnten doch auf diese Weise die bäuerlichen Familienbetriebe besser erhalten werden!

Die Idee einer Art landwirtschaftlichen Selbsthilfegruppe fiel auf fruchtbaren Boden. 1958 wurde in Bayern der erste Maschinenring gegründet. „Das war schon vor 60 Jahren Ressourceneffizienz und ist es noch!“, betont Martin Krispler, der seit 2017 die Geschäfte der Maschinenring Salzburg regGenmbH leitet. Vor allem aber wurde auf diese Weise die Produktivität der Betriebe zügig und kosteneffizient gesteigert.

Das Erfolgsrezept, moderne Landtechnik gemeinsam zu nutzen, überquerte daher schnell die Grenze: So gründeten sich auch in Salzburg fünf Vereine, die sich schließlich vor 50 Jahren zum Maschinenring Landesverband Salzburg zusammenschlossen, aus dem heraus die heutige Genossenschaft als operative Einheit geschaffen wurde. Heute gibt es in ganz Österreich 80 Maschinenringe mit 70.000 Mitgliedern und 30.000 Mitarbeitern bzw. Dienstleistern aus landwirtschaftlichen Betrieben. Mehr als die Hälfte der Agrarflächen Österreichs werden von Mitgliedern der Maschinenringe bewirtschaftet.  

Porträt Martin Krispler

Martin Krispler leitet seit 2017 die Geschäfte der Maschinenring Salzburg regGenmbH.

Ganz Salzburg zählt auf sie

“Es gibt kaum eine Gemeinde in Salzburg, die im Winterdienst nicht zu unseren Kunden gehört.", so Krispler.

Vom Winterdienst bis zur Photovoltaik

Was damals als Verein zur bäuerlicher Selbsthilfe gegründet wurde, ist zum bedeutenden Wirtschaftsfaktor herangewachsen. 5000 von 7000 Bäuerinnen und Bauern sind Mitglieder in den noch immer bestehenden fünf Vereinen, bzw. dem Maschinenring Salzburg. Der ursprüngliche Auftrag, den Austausch von Maschinen zu organisieren, ist nach wie vor eine wichtige Aufgabe: „Der Maschinenring hat keine eigenen Geräte. Unsere Aufgabe ist es, die Auslastung der Maschinen unserer Mitglieder zu organisieren“, erklärt Krispler.

Im Laufe der Jahre wurden die Aktivitäten des Maschinenrings allerdings stark ausgeweitet. Um den meist im Nebenerwerb arbeitenden Bauern zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten zu erschließen, entwickelte sich der Maschinenring zu einem gewerblichen Unternehmen mit breiter Palette. Etwa, indem die Bauern ihre Traktoren im Winterdienst der Gemeinden einsetzen. „Es gibt kaum eine Gemeinde in Salzburg, die nicht zu unseren Kunden gehört. Wir wickeln aber auch den Winterdienst für Unternehmen wie Hofer und Lidl ab“. Darüber hinaus bietet der Maschinenring Salzburg zahlreiche Leistungen in der Grün- und Baumpflege, im Garten- und Landschaftsbau, und im Forstbereich an. Ebenso ist der Maschinenring in Renaturierungsmaßnahmen und Wiederaufforstungsprojekten tätig.

Seit 2022 bietet das Unternehmen Photovoltaik-Lösungen, Stromspeicher, Notstromsysteme und intelligente Energiemanagementsysteme an, vorrangig für bäuerliche Betriebe, die ihre großflächigen Dächer zur Stromerzeugung verwenden können – ein weiterer Zuverdienst für die landwirtschaftlichen Betriebe. Mit Jahresbeginn wurde dafür die Maschinenring Salzburg Technik Gmbh gegründet, in der die Aktivitäten rund um PV-Anlagen gebündelt werden. Aufmerksam beobachtet der Maschinenring Salzburg neue Technologien wie den Einsatz von Drohnen oder KI in der Landwirtschaft.  „Wir verstehen uns auch als Innovations-Scouts in der Landwirtschaft. Wir schauen uns sehr genau an, bevor wir das den Betrieben anbieten oder empfehlen können“, erläutert Martin Krispler.

Und nicht zuletzt ist der Maschinenring Personaldienstleister bzw. Arbeitskräfteüberlasser. Viele Bauern haben handwerkliche Berufe gelernt und sind gefragte Fachkräfte, die über den Maschinenring vermittelt werden. Martin Krispler, der selbst aus von einem Bauernhof im Tennengau stammt, erklärt: „Wir sind ein Garant, dass heute kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe überleben können!“

Maschinenringmitarbeiter installiert PV vor Bergkulisse

Aus den ersten Anfängen vor 50 Jahren wurde ein erfolgreiches Unternehmen mit 80 Angestellten und mit einer breiten Palette an Dienstleistungen.

Der Mensch im Mittelpunkt

Martin Krispler betont: "Maschinenringe sind keine Ringe von Maschinen - sondern solche von Menschen."

Investitionen werden regional vergeben

So beschäftigt der Maschinenring mittlerweile zwar 80 Angestellte, im Winter summiert sich die Zahl allerdings auf 500 Beschäftigte. Mit fünf Standorten (Seekirchen, Hallein, St. Johann, Tamsweg, Maishofen) ist der Maschinenring in ganz Salzburg präsent. Im April 2023 eröffnete das Unternehmen in Seekirchen die flächenmäßig größte Niederlassung – ein repräsentatives Gebäude in Holz, entworfen von Salzburgs führendem Holzbauarchitekten Tom Lechner.

Drohnenfoto Maschinenring Flachgau Seekirchen

Die 2023 eröffnete Niederlassung in Seekirchen ist die flächenmäßig größte von fünf Standorten.

Martin Krispler ist Absolvent der HTL für Forstwirtschaft in Gainfarn (Bezirk Baden bei Wien) und somit gelernter Förster. Er sammelte 20 Jahre lang Berufserfahrung in der internationalen Holzindustrie, bevor er 2017 beim Maschinenring Salzburg andockte. Er ist sich bewusst, dass dem Maschinenring in Teilen der gewerblichen Wirtschaft so manches Vorurteil umgehängt wird. „Wir sind aber ein ganz normaler Gewerbebetrieb, wir zahlen wie jeder Betrieb unsere Unternehmenssteuern!“, stellt Krispler klar. Zudem sind viele Gewerbebetriebe als Subunternehmer für den Maschinenring tätig. 90% der Investitionen werden regional vergeben. „Wir sind ein integraler Bestandteil der Salzburger Wirtschaft“, erklärt Martin Krispler, der auf eine besondere Qualität des Unternehmens hinweist: „Ich habe hier mit bodenständigen Menschen mit Hausverstand und Handschlagqualität zu tun. Ich könnte mir keinen besseren Job vorstellen!“. Denn wie hieß es anlässlich des 50-jährigen Bestehens: „Maschinenringe sind keine Ringe von Maschinen – sondern solche von Menschen.“